Sonntag, 8. Februar 2009

Ich denke nach. Denke darüber hinaus, aus mir heraus und durch die Straßen, denke meine Schritte voraus, also durch die Straßen, durch die ich gehen werde, denke ich nur. Bedenke den Bordstein, über den allmorgendlich eine Alte stolpert, weil sie jeden Tag vergisst, dass der Bordstein an der immer selben Stelle wenige Zentimeter höher ist als an anderen Stellen. Durchdenke diese Alte, ihren Weg, den sie allmorgendlich zurücklegt ohne darüber Bescheid zu wissen, wo sie gewesen war, wenn sie zur Mittagsstunde wieder heimgekehrt ist. Wohin es die Alte treibt, denke ich, und wie ihre hinkenden Beine schmerzen mögen, wenn sich der Bordstein ihnen mit wenigen Zentimetern in den Weg stellt. Denke durch die Straßen und an die Ecke, an der ich stehen bleiben werde, weil mich etwas aufhält oder anhält, das weiß ich noch nicht zu denken. Ich werde es sehen, denke ich, wenn ich an der Ecke, die mich aufhalten wird sein werde. Und vielleicht, ich denke über mich hinaus, begegnet mir ein Mädchen, eines, welches ich vom Sehen her kenne, aber niemals gewagt habe anzusprechen. Eines von diesen Mädchen, denen man auf der Straße still nachsieht, weil man weiß, sie haben keine Ohren für einen wie ich es bin. Für einen, der hinaus denkt. Und vielleicht wird das Mädchen die Ohren noch immer nicht haben, auch nicht an der Ecke, an der ich stehen werde, weil ich wissen werde, dass ich mich an dieser Ecke aufhalten muss. Sie wird Ohren für einen wie mich nicht haben, aber das wird sie nicht wissen, weil sie mich sehen wird, wie ich stehe und nichts anderes tun werde, als sie zu erwarten. Mit ihren Augen, die nicht wie die Ohren dieser Mädchen sind, wird sie mich betrachten, wird meinem Gesicht folgen, meinem Kinn, das flieht, meiner Stirn, die angreift und meinen Augen, die einfach nur warten. Ich denke mich an dieser Ecke und das Mädchen, welches mich ansieht, weil sie mit Ohren nichts bemerken würde von mir, einer wie ich bin. Und ihr Mund wird näher kommen, wird von ihrem Körper losgelöst kommen und etwas flüstern, was ich nicht verstehen werde, weil ich kein Gehör für leise Worte habe. Also werde ich stehen bleiben, werde schauen und das Mädchen ansehen mit Augen, die nichts zu sagen wissen. Das Mädchen hingegen wird sich abwenden, weil sie meinen wird, ich habe sie verstanden und mein Nichtstun sei die Reaktion auf ihr Gesagtes, was ich nicht gehört haben werde. Dabei werde ich nicht zu hoffen wagen, dass sie mich erkennt, weil ich nichts sagen werde, weil ich ja von den Ohren dieser Mädchen weiß. Also, denke ich, wird die Ecke nur eine Haltestelle sein. Nur ein Vorübergehen, ein Warten, ein An- oder Abhandenkommen. Und dann werde ich das Mädchen gehen und die Alte kommen und stolpern sehen. Ich denke durch die Alte, die mich sehen wird als einen, der an der Ecke steht und Mädchen auflungert.

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