Freitag, 15. Juni 2018

Frühlingsgefühle
Manchmal dröhnt mir der Kopf. Manchmal von der feuchtwarmen Luft, manchmal vom Geschrei der Kinder, manchmal von meinen Lügen. Der Blütenstaub liegt regennass am Boden, dennoch wirbelt der Wind den gelben und weißen Dreck auf, wirbelt ihn über die Wäsche im Garten, über die Räder, die angelehnt an der Hauswand stehen, wirbelt ihn gegen die geschlossenen Fenster. An solchen Tagen im Frühling wünschte ich, es wäre Winter. Die Kinder wissen nichts von der totgefahrenen Katze. Motorradfahrer. Ich habe den leblosen Fellklumpen am Morgen vor der Tür auf der Straße gefunden, habe ihn angefasst, angewidert aufgehoben und hinter das Haus getragen. Ich habe für Minimiez ein Loch gegraben. Erst wollte ich die von den Kindern aufgestapelten Äste anzünden, habe es mir dann doch anders überlegt.  Weil die Wäsche schon hing, und ich nicht wollte, dass die Wäsche nach verbrannter Katze riecht. Deswegen habe ich ein Loch gegraben während die Kinder noch schliefen. Als sie dann wach waren und durch das Haus tollten, als sie herum liefen und die Katze riefen: „Minimiez. MIIIIIIInnnnnIIIIIImmmmIIIEEEEEEEEEEEEZ!“ habe ich sie schreien lassen. Bis ich dann nicht mehr konnte. Ich habe die Kinder angeschrien, sie sollen jetzt endlich den Mund halten und still sein. Ich sagte, Minimiez würde kommen, wenn sie endlich ruhig und lieb seien. Und dann habe ich sie gefragt, wie das denn sei, so angeschrien zu werden. Mit großen Augen haben sie mich angeschaut und nichts mehr gesagt.
Manchmal dröhnt mir der Kopf. Dann ist es, als wäre ein Schwarm dicker, fetter Hummeln in meinem Gehirn. Und dort drinnen suchen diese Hummeln sich Platz zwischen all den Furchen und Windungen. Sie kratzen mit ihren Beinchen gegen meine Schädelrinde, sie kriechen in die Kanäle und surren und schwirren. Manchmal ist mir, als sitzen diese dicken fetten Hummeln genau hinter meinen Augäpfeln, da in diesen Höhlen.
Die Kinder rennen jetzt barfuß durch den Garten, dicht an dem Loch, in dem Minimiez liegt, ganz dicht an diesem Loch vorbei. Manchmal treten sie auf die frisch umgeworfene Erde. Ich werde da etwas pflanzen müssen, denke ich und sehe die Kinder schreien. Hier im Haus höre ich sie zum Glück nicht. Aber ihre aufgerissenen Münder, ihre roten Wangen und die Augen sehen nach lautem Gebrüll aus. Ich müsste Kartoffeln schälen, denke ich, Quark anrühren, den Tisch decken, zum Essen rufen. Ich müsste all das tun, tue aber nichts. Ich sehe durch das Fenster auf das Katzenloch, sehe die Kinder und spüre diesem Dröhnen hinter meinen Augen nach.
Ich werde die Kinder schicken, sich etwas zu essen zu holen. Sollen sie doch einen Döner vorn an der Ecke essen. Ist auch gesund. Ich werde sie wegschicken und dann vielleicht Minimiez wieder ausgraben, die Wäsche abhängen. Vielleicht machen wir am Abend ein Feuer? Vielleicht gehe ich in den Keller und hole das Luftgewehr nach oben.

Die Sommer waren warm und blutig