Mittwoch, 13. September 2017

Schlägst deine Worte mit Hammerschwung von oben, immer von deinem Oben auf mich hinab. Stoßworte. Gewaltworte mit Traumaschäden im Gepäck. Verkrümmt verkümmert mein Wirbelwrack. So laufe ich durch die Welt, so laufe ich Tag und Stunde um Stunde, laufe auf dich zu, vor dir davon, laufe bis die Bandscheiben aus den Fugen geraten. Keine Nacht reicht aus, die Knorpelscheiben neu aufzurüsten. Keine Nacht genügt, sodass an einem Morgen das Aufrechtstehen doch noch gelingt.

Hinterlistig mein Krummrücken, sagst du. Arrogant meine Schief-, meine Sonderstellung zwischen dem Aufrechtmarsch deiner Wahrnehmungen. Abgestumpft nennst du mich? Nein. Das hast du nicht gesagt, das stimmt. Du sagtest, so müsse man sein um hier gut zurechtzukommen. Mit mir. So fasse ich das auf. Ich fühle mich angegriffen, fühle mich von diesen Worten umzingelt, verletzt, fühle mich von dir so wahrgenommen. Nein, du hast nicht gesagt, dass ich so sei. Nein. Das hast du nicht gesagt.

Ich schlage die Worte nach.

Hinterlistig: hintenherum, insgeheim, intrigant, ränkevoll, clever, durchtrieben, gerissen, heimtückisch
Abgestumpft: abwartend, passiv, apathisch, desinteressiert, gleichgültig, unempfindlich

Ich fürchte nach deinen  Worten, die du nicht direkt zu mir sagtest (vielleicht aber nur, weil du die Gelegenheit nicht dazu hattest), ich fürchte nun um mein Stumpfsein, mein geschärftes, mein geschütztes Empfinden. Bin ich abgestumpft? Ich stelle mir einen gebrochenen Baumstumpf vor. Spitz, brüchig, Innenleben von Insekten durchstöbert, die Rinde gerissen, zersplittert, das Mark fest und dunkel. Wie lange muss ein Stumpf im Wasser wälzen um seine Spitzfindigkeiten zu verlieren, um abzurunden, abzustumpfen? Bin ich so lange Zeit entrückt, dass mir die Empfindungen nicht mehr klar werden? Ich bange um meinen Empfindungszustand.

Sag doch, sag mir wie du mich erlebst wenn ich rede, wenn ich schweige, wenn ich staune, frage, schaue, mich wundere, mich zu- oder abwende. Wie erlebst du mich denn?

Mein Krummrücken ist die Wölbung, die Folge anderer Vorstellungen. Beuge oder brich? Ist das das Spiel was wir spielen?  

Die Räume in mir, die meine gesammelten Wunden beherbergen, diese Wundräume betrittst du nicht! Abschlusskammern, habe ich sie genannt. Zum Verschluss und Verschleiß gedacht, extra dafür her- und eingerichtet. Nicht einmal in deren Nähe lasse ich dich, nicht dich, nicht deine Hammerworte, nicht deinen Sandkornangriff. Ich bin gewappnet. Den Rücken kannst du krumm schlagen, die Wirbelkörper aus ihren Fugen treiben. Die richte ich wieder ein, die krümme ich zu anderer Zeit in die andere Richtung.


Hinterlistig mein Krummrücken. Ja!

Montag, 11. September 2017

Es verschwimmen die Grenzen. Deine Arme, deine Beine, deine Stimme und auch deine Blicke sind mir zu nah, kreuzen und berühren mich. Ich fühle mich unwohl an Orten meines Körpers, die weit über meine Hautgrenzen hinausreichen. Ich ranke aus mir selbst heraus mit all dem Unwohlsein.
Du gehst durch den Raum und ohne dass du es bemerkst, reihst du Ängste in mir auf. Eine nach der anderen nehmen sie Gestalt an. Zorn- und Wutgestalten. Alle Ängste sind kostümiert und du wählst das ausgefallenste Kostüm,  kürst es zur Verkleidung des Tages und alles in mir beginnt zu schäumen. Ich schäume über, schäume aus Ecken und Kanten, Öffnungen und Hoffnungen meines Körpers, meiner selbst heraus. Ich überschäume mich vor deinen Augen.

Es verschwimmen die Grenzen.

Der Herbst brach in den Sommer. Meine Kleider rissen am Saum, meine Füße zeigen weiße Stellen nur da, wo die Sandalen die Schnüre banden. Mein Bauch zeigt Wölbungen und die Stimmen im Rücken nennen Frauen in meinem Alter „ältere Damen“. Ich werde zu früh gebären. Ich werde im Inkubator liegen und irgendwer steht davor und guckt und guckt und berührt mich, als berührte er oder sie meine Ängste. Nichts als Ängste, die dort intubiert und künstlich ernährt werden. Das Alter schützt dich nicht, sage ich zu mir als glaubte ich das nicht. Ich sage das und baue mir ein Nest aus Jahresringen. Ringe, die mich in meinen Grenzen halten.

Und dann sehe ich dich. Rieche deine Bewegungen, schmecke deine Sprache, deine Stimme, die immer nur tönen. In meinen Ohren immer nur tönen. Und wenn ich wollte, könnte ich dich intubieren, deine Stimmlippen nicht zu umgehen. Und dann …  . Vielleicht wärest du ein klein wenig leiser. So ein klein wenig leise, dass sich meine Ängste nicht mehr von dir aufreihen ließen, so stimmlos wie du deine Befehle gäbest.

Die ältere Dame, die ich dann unkostümiert vor die stände, diese ältere Dame lächelte dann. Schaute dir ins Kindergesicht und würde nichts anderes tun als lächeln. Das sei die Gelassenheit des Alters, könnte ich denken, die Gelassenheit der Ruhe und Erfahrung, würde ich sagen. Komm du erst einmal dorthin, oder komm du erst einmal dort an, wo ich jetzt bereits stehe, würde ich an dein Inkubatorglas klopfend sagen können. Doch ich denke, ich würde nichts sagen, nur gucken und staunen und gucken und staunen, wie eine so kleine Gestalt, so eine Größe hatte annehmen können.

Ich sehe dich und ziehe Hautschicht für Hautschicht meine Grenzen.Hfddd>yDDKWJENFÜIUE