Montag, 30. September 2013

Wir feiern deinen Geburtstag nicht. Weil da nichts mehr ist, was gefeiert werden kann. Dein Geburtstag war, wie dein Sterbetag gewesen ist. Einprägsam. Wir denken und gedenken, wir decken den Tisch, und decken ihn wieder ab. Wir gedenken Deiner. Deiner Lebenslust, deiner Lebensgier, deiner Lebensliebe, deiner ganzen Lebensart gedenken wir. An deinem vor Jahren schon gewesen Geburtstagen, an deinen Sterbetagen. Alle Daten. Immer und wiederkehrend. Feste Tages- Monats, festgelegte Jahreszeiten. Wir denken an dich. Und vielleicht denken wir heimlich mehr und öfter an dich, als zwischendurch auch mal an uns zu denken. An den einen oder anderen, oder auch an sich selbst. Vielleicht denken wir zu oft und vielleicht fühlen wir zu selten. Oder ich. Vor allem!

Ich möchte nicht mehr reden. Reden nimmt mir die Worte, nimmt mir die Gedanken, die beim Reden einfach losstürzen, aus mir heraus, als wollten sie das, als wollten sie immer nur aus mir heraus. Und dann sitze ich da und merke, wie mir diese Gedanken fehlen, wie mir die Worte fehlen, wie alles mit dem Reden verlorenen gegangen sein wird. Das ist meine Art, Dinge bei mir zu halten. Ich möchte nicht mehr reden müssen. Und wollen? Auch reden wollen. Ich möchte nicht reden wollen. Ich will nicht. Jetzt nicht mehr. Vor einiger Zeit vielleicht. Ein wenig hier, ein wenig dort. Aber jetzt möchte ich nicht wollen und nicht müssen. Ich will nicht! Nicht über dich und auch nicht über mich, nicht über uns reden wollen.

Meine Zunge hängt über die Rachen- oder auch Kehlraumbrücke wie ein Teppich zum Ausschlagen. Und alles, was durch meinen Hohlraummund sich formt und Wort für Wort entweicht, peitscht über meine Zunge, schlägt sie aus, schlägt sie wund und vielleicht sogar tot. Mit der Zeit. Mit der Zeit kommt immer das Sterben. Und dann werden Geburtstage neben Sterbetage geschrieben. Und das Geschriebene ist immer Bleibendes. Nicht wie das Gesagte, das Gesprochene, das Flüchtige. Das Fluchttier.

Ich denke mich und ich denke dich, denke uns aus mir heraus, in dich nicht hinein, weil da nichts mehr von dir ist, wohin es sich denken lässt. Ich bin gedankenlos im Umgang damit. Im Umgang mit deiner Fluchtgestalt, deinem Flüchtigsein. Ich bin fluchtgedankenlos.

Montag, 16. September 2013


A. sagt, deine Hände seien Denkwesen. Ich schaue und sehe deine Hände, sehe die Denkwesen nichts tun. Wie sie sich ineinander wiegen, als gelte es eine Entscheidung zu treffen. A. sagt Dinge und ich schaue, diese Dinge wie A. zu sehen. Ich sehe deine Hände auf mich zukommen. Sind deinen Händen keine Denkgrenzen gesetzt? Und ist ihr Denken immer auch dein HANDeln?

Meine Arme sind blutverschmiert. Der Habicht hat das Huhn gerissen, es aber nicht gänzlich zur Strecke gebracht. Wahrscheinlich bin nun ich ihm zuvor gekommen. Meine Hände brachen dem gerissenen Huhn das Genick. Nun liegt es in seinen Halsbruchhänden. Also in meinen. Meine Hände sind keine Denkwesen. Ich sehe sie immer nur greifen und fassen, sehe sie Hälse umdrehen, sehe sie blutverschmiert in meine Arme auslaufen. Wie ein Fluss Meer wird, wird mein Arm Hand. Er breitet und weitet sich aus, wird einnehmend.

A. sagt, ich solle es ihr nicht gleichtun wollen. A. sagt, ich solle mir eigene Ansichten suchen und denen dann folgeleisten. Um A´s. Willen wegen oder um der Welt Willen? Ich frage das, und A. sage ich nichts davon, deswegen weiß A. nichts von meinen Ansichten. Oder Denksichten. Vielleicht sollte ich meine Hände an A. legen. Nur so leicht hinan, so einen Millimeter über eine unmissverständliche Geste hinaus. Und dann gucken. Etwas würde geschehen.

Ich bin. Also denke ich. Ich denke an Gestern, ich denke an Morgen, jetzt denke ich, also denke ich nicht direkt an die Gegenwart, weil in ihr noch mein Denkakt an sich ist. Er ist fortwährende Gegenwart.

A.
Ich nehme deine Hände aus meinem Schoß. Denn mein Schoß ist ein handloser Ort. Dass deine Denkwesen, wie A. sagen würde, dort liegen, ist ein Unding. Denn an Schoßorten ist nicht gut denken. Das ist ähnlich wie mit den Funklöchern. Nur Schwirren und Wirren oder eben Nichts.