Donnerstag, 5. Juni 2014

Alle Welt scheint zu schreiben. Weshalb also schreiben? Um an der scheinbar ganzen Welt teilzuhaben? Teilzunehmen? Ein Teil des Bestandes zu sein. Ein aktiver Bestandteil der scheinbar ganzen Welt, der ganzen scheinbaren Welt?

Ein Bestand. Ein Teil. Ein Teilbestand des Seins. Des großen ganzen Seins. Ich bin Teilbestand in all meinen Einzelzuständen. Auch in der Gesamtheit meiner Zustände, in meinem Gesamtzustand Bestandteil eines scheinbar ganz Weltlichen sein.

Wenn ich so anfange zu reden, ist immer auch ein Teil in mir, der sich abspaltet und diesen so redenden Teil, an eine Wand stellen möchte. An eine Wand der Enge wegen, an eine Wand, weil es sich dann nicht weitergehen lässt, an eine Wand des möglichen Abschussgefühls wegen. Des Allgemeinortes in der Sprachwelt wegen. JEMANDEN AN DIE WAND STELLEN …. Der Rest ist Denken. Also darüber denken, was dann geschehen könnte. Was dem An-Die-Wand-Stellen folgen kann. Folgt!

Ich schreibe. Aber meine Texte möchte keiner. Das ist ein großer Unterschied in der eigenen Empfindsamkeit der eigenen Wertschätzung dessen, was man tut, gegenüber Jemandem, der schreibt, dessen Texte gewollt werden. Ja!

Ich schreibe unpolitisch. Wie es allgemein der jungen Literatur vorgeworfen wird. Wie es der jungen Literatur allgemein vorgeworfen wird. Aber ist das Politische eine Bedingung, die das Schreiben voraussetzt? Erwarten wir von politisch aktiven Menschen, dass sie schreiben? Was ist ein Literat? Ein schön schreibender Politiker? Wer stellt welche Erwartung? Und was verdammt den schreibenden Menschen dazu, politisch zu schreiben? Das verstehe ich nicht. Aber vielleicht muss der, dessen Texte gewollt werden, sich hinstellen und Meinung annehmen, Meinung haben und literarisch verarbeiten. Von ihm wird vielleicht erwartet.

Aber es ist ein schöner Rahmen, in den sich allerhand Menschen stellen, um zu reden, um zu schreiben, um zu lesen, um sich einer Meinung anzuschließen, um sich ihrer Meinung auszuschließen, um um um … Ringsherum der Debattenrahmen. Schön ist er. Er bringt mich zum lächeln.

Wer morgens lächelt ist womöglich abends gut zu Bett gekommen?

Ein abgelehnter Text wirft mich stets in Tiefen. Und in den Tiefen schreibe ich dann an die Wände, dass ich nicht mehr schreibe, nicht mehr schreiben werde, nie geschrieben habe. Nur schreibend kann ich mein NICHT-Schreiben ausdrücken.

Verrückt. Was?

Wohin schreibe ich also, wenn meine Texte an keinem Ort Geborgenheit finden? Geborgenheit für einen Text ist eben das Papier. Papier gebunden zu einem Heft, zu einem Buch, zu einem Blättchen. Ein Ort eben, der für jedermann, der möchte, begehbar ist. Wohin ihr ortlosen Texte? Wären es Kinder, es gäbe Orte und Klappen. Aber Texte?

Das hast du davon, dass du unpolitisch schreibst. Sagt einer. Und ich denke, ja. Scheint so. Oder eben weil ich jung war. Inzwischen zähle ich längst nicht mehr in diese junge Generation. Oder, weil ich nicht auf die Schule gegangen bin. Also die Schule fürs Schreiben. Oder, weil ich kaum Menschen kenne. Oder. Sage ich dann eben so. Und beschreibe weiter die Wände in meiner Tiefe.