Mittwoch, 5. März 2008

lit.cologne. Das heißt, jeden Abend eine Lesung oder sonst literarische Veranstaltung.

Sonntag: Milena Agus 11,50 € Freie Platzwahl Italienisches Kulturinstitut

Monntag: Beppe Grillo 12,60 € Freie Platzwahl Theater am Tanzbrunnen

Dienstag: Connie Palmen 14,90 € Freie Platzwahl lit.Schiff MS RheinEnergie

u.a.

Nun kann man sich die Mühe machen, und die Proportionalität von Autor, Ort der Veranstaltung und Preis in nähere Betrachtung und aus diesen Schlussfolgerungen ziehen. Aber die Mühe mache ich mir nicht.

Connie Palmen saß neben Christine Westermann. Das Schiff legte ab, und die ersten im Publikum wurden nervös, legten den Kopf in die Hände und warteten auf die in ihnen aufsteigende Übelkeit. Ich trank Bier aus der Flasche und rechts neben mir wurde Weißwein, knapp vor mir Rotwein getrunken. So hatte ein Jeder seinen Spaß, und spätestens als das Schiff flussaufwärts in Bewegung kam, schwankten alle.

Die Westermann, mit der Stimme, wie man sie von ihr kennt, kam ins Reden. Auch in das, welches man von ihr aus -Zimmer frei- kennt. Das lenkte mich ab, rutschte mich aus der Szenerie dieser Titanic-Illusion und ich glaubte für Sekunden, ich säße vor einem Fernsehgerät. Die Stimme, wie sie beinah jeden Sonntag auch aus dem Radio zu einem spricht, immer jubelnd oder ergriffen einen Buchtitel besprechend, diese Stimme stolzierte über die Bühne und warf sich mit ausgebreiteten Armen in den Zuschauerraum.

Keiner fing sie auf!

Die Palmen, einen rauchigen, nicht nahbaren Ton anschlagend, saß dort zurückgelehnt und trank Wasser. Zu rauchen, hatten die beiden Frauen auf der Bühne sich selbst gestattet. Mit dem Wasser findet man nie ein Ende, sagte die Palmen und alles schwieg. Ja, mit einem Glas Wein, da sagt man, ach, schade, dass der Wein jetzt alle ist. Aber mit Wasser. Sie schenkte sich nach und ich versetzte in Gedanken diese Aussage in die Wüste. Da würde ich sie gern dasselbe noch einmal sagen hören.

Luzifer – heißt das gerade erschienene Buch von Connie Palmen. Bereits seit zwei Wochen in deutschen Buchhandlungen zu erwerben. Da war die Westermann schlecht vorbereitet, als sie sagte, in den Niederlanden könne man das Buch ja schon kaufen. HIER DOCH AUCH ! wollte ich brüllen, aber ich hing an der Bierflasche, verschluckte mich und als ich wieder zur Sprache kam, war die Gelegenheit vorbei. Dann las die Westermann eine Zeile, von der sie meinte, sie wäre der Klappentext. Aber auch das war falsch! Jedenfalls habe sie diese Zeile mit der Werbemappe zugesandt bekommen, tat sie einen Rettungsversuch, als sie die Unruhe aus dem Zuschauerraum merkte. Mit Sicherheit, und das sagte nicht nur ich, hat die Westermann das Buch noch nicht gelesen, ja noch nicht einmal in der Hand gehalten.

Aber die Palmen. Diesen dunklen Ton wieder anschlagend, begann aus dem Buch zu lesen. Auf Deutsch mit niederländischem Akzent. Das, was sie im Gespräch sagte, hatte deutlich mehr Wirkung, als ihr Lesen. Denn das war nicht gut.

Luzifer, der gefallene Engel. Und die Westermann fragte, wann denn der Palmen zuletzt ein Engel begegnet wäre. Ich schluckte, weil mein Bier ausgetrunken war und ich mich fragte, wer denn an Engel glaubt. Zu meiner Erleichterung reagierte die Autorin ebenso. Sie glaubt nicht an Engel, sagte sie. Jeder Mensch habe irgendwie etwas von dem, was wir uns vorstellen, Engel haben. Aber das macht die Menschen nicht schöner und begehrenswerter. Das Interessante am Menschen, rauchte sie von der Bühne zu uns hinüber, ist das, weshalb sie stürzen.

Dann gab es noch ein wenig Gerede über dies und das, über Intelligenz und ihren Quotienten, über Fünfen in Mathematik und schließlich noch über Leben und Tod. Das Buch beginnt so:

>Vor vierundzwanzig Jahren las ich einen Satz in der Zeitung. Von diesem Satz handelt das vorliegende Buch, oder besser gesagt, von der Suche nach seiner Bedeutung.

[…]

Er war in einen schwarzen Rahmen gefasst.

Er stand im Kopf einer Todesanzeige.

Es sind die Lebenden, die den Lebenden einen Tod kundtun.[…]< Connie Palmen –Luzifer –

Später, das Schiff legte an. Die ganz Üblen, machten, dass sie schnell von Bord kamen, Andere warteten, ihr Buch signieren zu lassen. Ich saß und wollte noch ein Bier, aber die Bar hatte schon geschlossen. Also blieb ich sitzen, betrachtete das Treiben und überlegte, wer jetzt an Bord bleiben würde, ließe sonst wer, das Schiff in diesem Augenblick sinken. Und wer von den Lebenden würde dann den Tod kundtun?

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