Ich saß mit Einer, die des Wilderns
wegen in die Wälder gegangen war. Wir saßen und sie trank, obwohl
sie schon getrunken hatte, bevor wir zusammen saßen. Wir saßen, sie
trank und ich wusste nicht die Flasche Bier mit den Zähnen zu
öffnen. Es gibt Frauen, die können das. Die machen das. Eine
Bierflasche, den Kronkorken mit den Zähnen von der Flasche lösen
und so die Flasche öffnen. Ich wusste nicht, wie die Frauen das
machen und schaute nur, die vom Bier gekühlte Flasche in den Händen.
Wenn eine, die des Wilderns wegen in
die Wälder gegangen ist, beginnt von Liebe zu sprechen, wird es ganz
komisch. Mir wurde komisch. Vielleicht auch, weil ich das Wort Liebe
nicht mit etwas in Zusammenhang bringen kann, was mit dem Wildern
einhergeht. Ich bringe ungern Dinge zusammen. Ich habe ja auch selbst
kaum Verständnis für Liebe. Für Zuneigung und Zugetansein. Ich
habe kaum Gefühl für die Nähe zwischen den Menschen.
Ich gab die geschlossene Flasche, die
vom Bier nicht mehr ganz durchgekühlt schien, zurück an die Eine,
mit der ich da saß. Sie nahm sie, fletschte die Zähne, und die
gespannte Haut über meiner Wirbelsäule begann sich in Erwartung des
Unfassbaren zu kräuseln. Aber die Wilderin setzte den Kronkorken
nicht an ihre weißen Zähne. Sie öffnete von mir ungesehen die
Falsche mit den Fingern. Wer Hühnerhälse bricht, dachte ich, für
den ist ein Kronkorken ein Kinderspiel.
Ich begann auf die Nähe zwischen der
Wilderin und mir zu achten.
Entortet. Sagte ich ihr. Ich fühle mich entortet. Ich wäre
nicht länger vor Ort und Stelle ansprechbar, sagte ich, und dass ich ohne Punkt
auf weiter Flur wäre. Ein wenig verloren vielleicht, ein wenig
o r t s u n a n s ä s s
i g.
Und das sowohl da Draußen, wo ich mit der Wilderin saß als
auch ganz Innen, wo ich mit mir allein bin. Das wäre genau so, sagte ich und
die Wilderin setzte sich den Flaschenmund auf die eigenen Lippen. Und ich
wartete auf ein Geräusch, ein Geräusch wie das Hühnerhalsumdrehen.
Die Wilderin nickte mir zu und also sprach ich weiter,
während sie wieder nur trank. Ich klopfe, sagte ich, ich klopfe mich ab. Wie
man Schmutz oder ungewollte Schuld von der eigenen Schürze klopft. Oder wie
Menschen schlechte Gedanken und Atmen- und Herzrhythmusstörung wegklopfen. Ich
klopfe mich von der Haut bis auf die Knochen ab. Oder auch frei. Mich von Haut
und Knochen frei. Und ich sei in großer Erwartung, was da bleiben würde. Oder
kommen würde. Abhanden.
Oder. …
Und ob sie noch erinnere, weswegen sie in den Wald gegangen
sei, fragte ich die Wilderin. Die nur den Flaschenmund an ihre Lippen ließ. Und
ob sie im Wildern ansässig geworden sei. Die Frage stellte ich ihr, während ich
auf die Nähe zwischen der Wilderin und mir achtete. Zuviel Nähe, bedeutet zu
wenig Distanz. Und ich merkte, wie ich dafür einfach kein Gefühl finden konnte. Also beließ ich es bei den Bezeichnungen der Dinge, ihren Ursachen und dessen Folgen, achtete aber weiterhin darauf.
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