Mittwoch, 26. März 2008

Sehnsucht als Landschaft. Karg bewachsene Gegend, ufer-, grenzlos, vielleicht ein Steinschlag, der von Bewegung zeugt. An anderer Stelle Erde, wie gegerbte Haut. Durchlässig abweisend. Vater sang Lieder darüber, seine Stimme klang nach unbetretenen Landstrichen und sein Blick rann in Tränen aus den Augen. Wir sangen mit. Sangen das Lied vom kleinen Trompeter, wie er am Lagerfeuer seine Trompete bebläst. Trällerten von einem Vorbild, etwa in unserem Alter, und besangen seine Tapferkeit, seinen Stolz, besangen ihn in den jungen Tod. Ohne überhaupt zu wissen, was Tapferkeit, was Stolz, was der Tod im Kinderleben bedeutet. Schwenkten ein Tuch, das uns als Pioniere auszeichnete aber nicht größer, nicht bedeutender als eine Stoffservierte gewesen war.

Stück für Stück begreife ich die Erinnerung als ein Puzzle, das, wenn ich es zusammengesetzt habe, meine Lebenszeit zeigt. Ich begreife und ändere die Schnittstellen. Überall entdecke ich Zusammenkünfte unter anderem Licht, als habe ich seit geraumer Zeit statt eines Auges ein Kaleidoskop, das willkürlich dreht, setzt und spiegelt, was ich wahrnehme.

Jetzt, in noch jungen Jahren wage ich zu fragen, ob das schmerzvolle am Altern nicht die Erkenntnis über die eigene Jugend ist. Jahre benötige ich, um Augenblicke zu verstehen. Nur, was nutzt es dann noch? Gibt es eine Verjährungsfrist für den Ist-Zustand? Die Bilanz der eigenen Existenz, das Soll und Haben meines Daseins kann im jeweiligen Moment nicht ausgeglichen sein. Ewiges Streben. Vielleicht darin findet sich seine Ursache, im stetigen Versuch das Ist dem Soll anzugleichen.

Kläglich.

Sehnsucht als Landschaft. Wie verschieden es in uns aussehen müsste.





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1. Von all unsern Kameraden
war keiner so lieb und gut
|: wie unser kleiner Trompeter,
ein lustiges Rotgardistenblut.

2. Wir saßen so fröhlich beisammen
in einer so stürmischen Nacht;
|: mit seinen Freiheitsliedern
hat er uns so glücklich gemacht. :|

3. Da kam eine feindliche Kugel
bei einem so fröhlichen Spiel,
|: mit einem so seligen Lächeln
unser kleiner Trompeter, er fiel. :|

4. Da nahmen wir Hacke und Spaten
und gruben ihm morgens ein Grab.
|: Und die ihn am liebsten hatten,
die senkten ihn stille hinab. :|

5. Schlaf wohl, du kleiner Trompeter,
wir waren dir alle so gut.
|: Schlaf wohl du kleiner Trompeter,
du lustiges Rotgardistenblut. :|

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