Dienstag, 15. Oktober 2013


Unter deinen Armen grast Sommer. Mit deinen Sägeblattlippen hast du ihn eingeladen, ihn erbeten, ihn bewirtet, ihn dir unter den Arm, so ein wenig auch an das Herz gelegt. Dieses Herz, das ich immer suche, wenn ich dir ins Gesicht schaue, und das ich nicht finde, und zu dem ich sage: ich weiß, dass du andernorts heftiger schlägst. Unter deinen Armen hat sich dir der Sommer ins Fleisch gefressen. Wer meint, Graser fräßen kein Fleisch, der irrt sich. Ich habe es gesehen.

Du sagst, ich sei süß aber mehr auch nicht, ein wenig nur klug, ein Zuckererbsenhirn. Und ich sehe dir zu, wie du mir den Schädel entpellst, wie du die grüne Schale entkernst und mein Süßhirn raspelst. Ich sehe dir zu, wie ich immer nur zusehe während du schon mit anderen beschäftigt bist. Mit anderen Händen, mit anderen Mündern, mit anderen Hirnrinden. Ich sehe dir beim Zersetzen deiner Graslandschaft zu.

Du sagst, ich sei aus der Zeit gefallen. Und das nur, weil ich wenig anders, ein wenig auch schön bin. Du sagst das, um dich selbst in Ruhe zu wiegen. Denn du weißt nicht, was es ist, dass du an mir liegst. Oder dass dir etwas an mir liegt. Ich schaue und sehe den Sommer unter deinen Armen. Sehe ihn pelzig und wölfisch werden. Der Sommer ist selten ein schöner Gast.

Wir denken einander in unterschiedlichen Farben. Und oft beißen wir uns. Dir fällt das kaum auf, weil du ja mit anderen beschäftigt bist, während du mir nicht aus dem Kopf gehst, und ich mich frage, ob du durch all deine Möglichkeiten meine Kleinhirnerbse spürst.

Ich hätte mich gern so ein klein wenig unter deine Arme gelegt. So ein ungenaues Stück an dein Herz, das andernorts eindeutig heftiger schlägt. Aber dem Sommer kam ich nicht gleich, ich fürchtete sein Grasen, ich fürchtete sein sich dir ins Fleisch fressen. Ich fürchtete das stickige Grasland deiner Unterarmgegenden. Ich fürchtete, mein Zuckererbsenhirn von deinen Fleischwolfzähnen zermalmt zu sehen.

Und jetzt sehe ich dich immer noch mit dem Sommer unter den Armen. Ich habe mich aus deiner Zeit gestellt. Ich höre deinen Herzschlag immer eine Sekunde verspätet. Es rührt mich dann weniger, weil ich über die vergangene Zeit nicht länger nachdenke. Ihr nicht nachempfinde, nicht hinterher, nicht voraus, nicht nebenbei. Ich grase unter meinen Sommern.

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